Warum es Mädchen*treffs braucht
Der Mädchen*treff Blumenau schafft einen unverzichtbaren Raum für Mädchen*, damit sie dort ohne männlichen Einfluss entscheiden und ausprobieren können, wer sie sein wollen. Dadurch entsteht ein Lernfeld, in dem Rollenbilder – ohne einen normierenden männlichen Blick – hinterfragt werden können. Dieser Rahmen ermöglicht eine besondere Stärkung der Mädchen*, weil sie dort lernen, sich gegen normative Zuschreibungen und patriarchale Gewalt zu wehren.
Gleichzeitig ermöglicht ein Mädchen*treff den Besucherinnen erkennen zu können, in welchen Bereichen und in welchen Formen Ungerechtigkeiten aufgrund des Geschlechts herrschen. Die Arbeit im Mädchen*treff macht sichtbar, wie notwendig es nach wie vor ist und für die Zukunft bleibt, dass es Räume gibt, in denen gemachte Erfahrungen von Sexismus und anderen Unterdrückungsmechanismen geteilt werden können. Gerade eine intersektionale Perspektive macht es hier möglich zu erarbeiten, worin sich Erfahrungen ähneln und worin sie sich unterscheiden.
Teilhabe und Raumaneignung
Mädchen* in ihrer Selbstbestimmung zu unterstützen, ist in einer koedukativen Einrichtung weniger und anders möglich als in einem Raum, in dem sich alle – wenngleich auf unterschiedliche Weisen – als weiblich identifizieren. Ein Mädchen*treff fungiert als Anlaufstelle für viele, die koedukative Einrichtungen nicht besuchen wollen oder dürfen, weil ihre Bedürfnisse dort oftmals eher untergehen oder sie von männlichem Dominanzverhalten abgeschreckt werden. Neben den Chancen, die ein Ort wie der Mädchen*treff Blumenau bietet, impliziert ein solcher Ort natürlich auch eine starke politische Dimension. Der öffentliche Raum ist und bleibt männlich strukturiert und wird mehr von Jungen* und Männern* eingenommen.
Aufgrund der männlichen Dominanz ziehen sich viele Mädchen* mehr ins Private zurück und sind weniger sichtbar, besonders ab der Pubertät. Die Existenz von Mädchen*zimmern in Jugendzentren ist wichtig, führt aber oftmals auch in diesem Rahmen dazu, dass sich Mädchen* in genau diese Räume zurückziehen und die Jungen* oftmals den Rest der Räumlichkeit für sich beanspruchen. Auch die Ressourcen im pädagogischen, offenen Betrieb fließen oftmals eher in die Jungen*.
Daher ist der Leitsatz „Jugendarbeit ist Jungen*arbeit“ teilweise immer noch hochaktuell. Die Installation von Mädchen*treffs soll kein Symbol dafür sein, dass Mädchen* sich homogen in solche Räume zurückziehen und das Feld den Jungen* überlassen sollen. Ein Mädchen*treff ist ein Symbol dafür, dass wir immer noch in einer Gesellschaft leben, in der es notwendig ist, die Kategorie Geschlecht explizit zu machen. So ist es nach wie vor essenziell zu betonen, dass Mädchen* und junge Frauen* das Recht auf diese Orte haben. Ein Mädchen*treff ist somit in seiner feministischen Begründung für sein geschlechterhomogenes Konzept auch immer eine Form der Kritik am bestehenden Geschlechterverhältnis.
Vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und Parteilichkeit in der Begleitung
Wenn Mädchen* in einen Mädchen*treff gehen, dann müssen sie sich mit dem herrschenden Status quo in Bezug auf die Geschlechterfrage in der Gesellschaft auseinandersetzen, auch wenn dies nur latent und unterbewusst passiert. So bietet der Mädchen*treff Blumenau verschiedenen Mädchen* und jungen Frauen* viele unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten. Manche nehmen den Raum als Schutzraum wahr, möchten sich zurückziehen und suchen Akzeptanz und Wertschätzung.
Für andere spielt die Geschlechterhomogenität keine Rolle und sie kommen wegen des Angebots und der anderen Besucherinnen. Andere spüren durchaus eine spezielle Form von Gemeinschaft und Solidarität und genießen sie. Wieder andere suchen Bezugspersonen, um sensible Themen wie Periode, Essstörungen oder Sexualität zu besprechen. Unabhängig davon, aus welcher Intention heraus Mädchen* diesen Raum für sich beanspruchen, führt das Konzept der Geschlechterhomogenität oft zu einer gemeinsamen, intensiven Auseinandersetzung mit dem Frauen*bild der Mädchen* und den verschiedenen Vorstellungen von Weiblichkeit. Dies bietet die Basis für eine feministische Perspektive auf die Kategorie Gender.
Mädchen*treffs sollen in ihrer Gestaltung möglichst niederschwellig aufgebaut sein, Freiheit von normativen Anforderungen und Druck bieten sowie Erfahrungen von Empowerment und Solidarität ermöglichen.
Dabei fungieren die Pädagoginnen als verlässliche, solidarische und kritische Ansprechpartnerinnen für sämtliche Problemlagen. Die Mädchen* werden in Krisen unterstützt und die Parteilichkeit in allen Facetten gelebt. Der Mädchen*treff bietet einen Ort, an dem Mädchen* Fehler machen und experimentieren dürfen, sie lernen ihre Interessen anderen gegenüber zu formulieren. Der Kontakt zu erwachsenen Frauen* in einem freiwilligen Setting, mit denen sie nicht privat oder familiär verbunden sind, stellt eine besondere Konstellation dar, die Mädchen*treffs zu so besonderen und unverzichtbaren Orten machen.