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Feminismus

Die Arbeit im Mädchen*­treff ist eine explizit feministische. Welche Implikationen mit diesem Begriff einhergehen und welches Selbstverständnis unserer Arbeit zugrunde liegt, ist wichtig zu benennen.

Feminismus ist und bleibt ein Begriff, der vereint, trennt und polarisiert. Geschlecht ist neben Klasse und (vermeintlicher) Herkunft/Ethnizität eine der wirkungsmächtigsten Kategorien, die unser gesellschaftliches Zusammenleben prägen. Daher steht fest: Das Ziel, dass das Geschlecht nicht über den Zugang zu Ressourcen entscheidet oder zu Benachteiligung, Diskriminierung und struktureller Ungleichheit führt, wurde bisher nicht erreicht. Die Vision ist, auf individueller Ebene alle Geschlechter von Zwängen, Rollenbildern, Druck, Ängsten und Normvorstellungen zu befreien.

Gleichzeitig wird aber auf struktureller Ebene versucht, sämtliche Verhältnisse, die Unterdrückung hervorbringen und stabilisieren, zu bekämpfen. So bedeutet feministische Diskurse zu führen immer, herrschende Normen in Frage zu stellen und zu verstehen, wo Ungleichheit in Bezug auf sämtliche Fragen rund um das Geschlecht existiert und wie patriarchale Strukturen sichtbar gemacht und überwunden werden können.

Cis/Heteronormativität dekonstruieren

Heteronormativität begegnet uns in allen gesellschaftlichen Bereichen. Vorherrschend hierbei ist die Vorstellung, dass Heterosexualität die Norm darstellt und alles andere als Abweichung gilt. So muss der Realität ins Auge gesehen werden, dass der Großteil der Jugendeinrichtungen in erster Linie cis Personen anspricht und grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass Besucher*innen, wenn nicht explizit Anderes geäußert wird, hetero sind. Der Mädchen*treff versucht die Ursachen dieser Prozesse zu begreifen und für sich andere Wege zu gehen. So liegt der Arbeit in der Blumenau ein queerfeministischer Ansatz zugrunde. Dafür ist es zunächst notwendig klarzustellen, was wir unter dem Begriff queer verstehen.

Ursprünglich ist queer ein Schimpfwort aus dem Englischen und bedeutet so viel wie schräg. Der Begriff wurde aber im Laufe der Zeit von der Community angeeignet und dadurch wurde das vermeintliche Anderssein in seiner Vielfalt positiv konnotiert.

Queer gilt als Sammelbegriff für alle, die sich von Heteronormativität oder Cisnormativität abgrenzen wollen. So steht der Begriff queer oftmals in engem Zusammenhang mit der LGBTIQA+ Community, wobei sich Personen, die beispielsweise trans oder bisexuell sind, nicht unbedingt als queer begreifen müssen. Was queere Personen allerdings eint, ist eine Haltung gegen jede Form von Schubladendenken und normierenden Kategorien.

Die Ausschließlichkeit von Kategorien wird abgelehnt sowie Vielfalt und Nicht­eindeutigkeit zelebriert.

Das Team des Mädchen*treffs Blumenau wehrt sich gegen ein System der Zweigeschlechtlichkeit, in dem es lediglich Männer* und Frauen* gibt, die sich sowohl biologisch als auch sozial, in ihrer Wesensart, klar voneinander abgrenzen lassen. Der Dualismus, der in einem binären System konstruiert wird, führt zu Zuschreibungen, Ausschlüssen, Grenzziehungen und einer Vielzahl an Ungleichheiten.

Das Geschlecht einer Person entscheidet immer noch maßgeblich über Teilhabe, Privilegien, Chancen oder Risiken – egal ob in Bezug auf den Job, auf die Gefahr, Opfer von sexueller Gewalt zu werden, oder in Bezug auf Care-Tätigkeiten. Spannend wäre also, Visionen dahingehend zu entwerfen, wie eine Zukunft aussehen könnte, in der das Geschlecht in der Funktion als Platzweiser in einer Gesellschaft obsolet wird.

Dabei sind wir uns durchaus des Widerspruchs bewusst, durch einen Mädchen*treff einen weiblich vorstrukturierten Raum zu schaffen und sich als Team gleichzeitig auf die Fahne zu schreiben, für genau die Auflösung solcher Kategorien zu kämpfen. Um Differenzmarkierungen, in dem Falle durch die Kategorie Geschlecht, anzuerkennen und zu bearbeiten, befinden wir uns zwangsläufig in einer Art Zwickmühle, weil dadurch Grenzziehung und Kategorisierung reproduziert wird. Wir beziehen uns also auf ein Konstrukt, das wir im gleichen Schritt dekonstruieren wollen.

Neben der Anerkennung von Widersprüchen muss es darum gehen auszuhalten, dass Praxis und theoretische Überlegungen nicht immer harmonisch verlaufen können, sondern zu unterschiedlichen Zeitpunkten an unterschiedlichen Ecken angesetzt werden muss. Dafür ist es elementar, sensibel zu sein, um die Hierarchien, Zuschreibungen und Herrschaftsverhältnisse, die kritisiert werden, nicht unterbewusst zu imitieren. Auch hier ist eine intersektionale Perspektive essentiell, um zu verstehen, wo in der praktischen Arbeit Ausschlüsse erfolgen.

Normative Setzungen und Diskriminierungs­strukturen aufdecken

In der Utopie machen sich Mädchen*treffs logischerweise also überflüssig, weil Geschlecht keine wirkungsmächtige Kategorie innerhalb einer Gesellschaft mehr darstellt. Solange dies aber nicht annähernd Realität ist, brauchen wir die Kategorie, um uns diesem Ziel zu nähern. Gleichzeitig ist es relevant, gesellschaftliche Verhältnisse und Lebensrealitäten der Mädchen* nicht außer Acht zu lassen und die Erfahrungen, die sie alltäglich machen, nicht zu ignorieren.

Mädchen* werden in Schubladen gedrängt, leiden unter Ängsten und Druck „normal“ sein zu müssen, fühlen sich verunsichert bezüglich heteronormativen Zwängen, erleben Sexismus oder sexuelle Gewalt – all dies kann nicht wegdiskutiert werden. Genau für diese Erfahrungen ist es notwendig und wertvoll, dass es Mädchen*treffs gibt, denn dadurch werden Missstände sichtbar und es können neue, vielfältige Möglichkeitsräume für Mädchen* entstehen.

Ein Feminismus, der queer ist, denkt alle Personen mit, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität diskriminiert werden, und integriert die Verschränkungen mit sämtlichen anderen Formen von Diskriminierung. Für die pädagogische Praxis bedeutet dies, keine Beziehungsform, keine Formen von Sexualität, sexueller Orientierungen oder geschlechtlicher Identitäten als Norm zu deklarieren, sondern all das in seiner Vielfalt anzuerkennen und gleichwertig zu behandeln. Ziel ist es immer, Handlungsmöglichkeiten für Mädchen* zu erweitern und Perspektiven aufzuzeigen, um ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen zu können. So werden Themen aktueller feministischer Diskurse auf unterschiedliche Art im Mädchen*treff platziert und diskutiert.

Mädchen*arbeit ist, wenn sie feministisch gedacht wird, immer politisch.

Wenn Mädchen*arbeit impliziert, sich parteilich für Belange und Bedürfnissen von Mädchen* einzusetzen – dann auf allen Ebenen! Hierbei ist die Vernetzung auf politischer wie sozialer Ebene regional wie bundesweit unerlässlich: Die Verbindung mit anderen Kämpfen für eine solidarische und vielfältige Gesellschaft ist essenziell. Der Mädchen*treff Blumenau versucht daher, zu einer praktischen Verbesserung der Lebensrealitäten der Mädchen* vor Ort beizutragen und gleichzeitig durch verschiedene Gremienarbeit als Sprachrohr der Mädchen* zu fungieren, um ihre Anliegen auf die politische Agenda zu bringen.

Anti­rassismus­arbeit

Der Großteil der Mädchen* im Mädchen*treff macht Rassismuserfahrungen. Daher ist eine antirassistische Grundhaltung zentral für unser Selbstverständnis.

Feminismus

Die Arbeit im Mädchen*­treff ist eine explizit feministische. Welche Implikationen mit diesem Begriff einhergehen und welches Selbstverständnis unserer Arbeit zugrunde liegt, ist wichtig zu benennen.

Gendern

Eine gendersensible Sprache ermöglicht, unsere Gesellschaft inklusiver zu gestalten und alle Menschen sichtbar zu machen.

Inter­sektio­nalität

Eine machtkritische Pädagogik ist ohne das Konzept von Intersektionalität nicht in der Lage, verschiedene Diskriminierungsachsen verschränkt zu denken.

Partizipa­tion

Ohne partizipative und basisdemokratische Ansätze würde der Mädchen*treff sein Ziel verfehlen, Mädchen* einen Raum zu bieten, in dem sie Teilhabe, Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung erfahren können.